Donnerstag, 9. September 2010
Endlich Neues aus Northampton
Northampton, die ersten Wochen
Wie man vielleicht gemerkt hat, waren wir nach unserer Ankunft ein wenig entsetzt, aber inzwischen haben wir uns an Northampton und das Miners Arms gewöhnt und fangen an, uns sogar wohl zu fühlen. Nur mit unserer Toilette konnten wir uns noch immer nicht anfreunden, weshalb wir, wenn möglich, lieber die Toilette im Pub benutzen (aber psst… kein Wort an Neville). Die weniger erfreulichen Zustände der Häuser machen aber ihre Bewohner locker wieder wett. Denn die sind um es ganz einfach und schlicht auszudrücken: unglaublich nett, freundlich und lieb. Alle zeigten (und tun es noch) großes Interesse an unseren Plänen, weshalb wir nach hundertfacher Wiederholung der gleichen Sätze mit dem Gedanken gespielt haben, uns T-Shirts mit den Hauptinformationen wie: Ankunftsdatum, Aufenthaltsdauer in Northampton, Aufenthaltsdauer in Australien und geplante Route der Weiterreise, drucken zu lassen. Wichtig für die Leute von hier ist auch immer zu wissen, ob man vom Land oder aus der Stadt kommt. Wählt man erstere Antwort, breitet sich sofort ein Lächeln auf dem Gesicht des Gegenübers aus und er/sie kann die Frage nicht unterdrücken, ob unsere Eltern denn dann auch Farmer seien.
Unsere Handynummersammlung wächst stetig, da fast alle männlichen Bewohner jeder Zeit bereit sind uns einen Lift zu geben oder etwas mit uns zu unternehmen. Leider passen diese Personen meist nicht ganz in unser Altersschema, denn die jüngere Bevölkerung Northamptons traut sich nicht einmal uns anzusprechen - außer um einen Drink zu bestellen. Dies verleitete Nevile zum völlig empörten Ausspruch: „Das kann ja wirklich nicht wahr sein! Die müssen alle schwul sein - alle!!!“
In unsere Arbeit haben wir uns hervorragend eingefunden, Carlton Dry und Hahn Super Dry können wir inzwischen aus jedem Aussiegenuschel heraushören und auch Abkürzungen wie Ted’s (1) , Bundy (2) und CC (3) bringen uns nicht mehr aus dem Konzept.
Die Mengen an Alkohol die hier jedoch verzehrt werden (und das zu jeder Tages- und Nachtzeit) sind für uns allerdings immer noch erstaunlich. Morgens drei Bier und mittags um 2:00 pm einen bis vier Scotch-Cola zu trinken ist ganz normal und auch dass man sich danach noch hinter das Steuer setzt gehört absolut zum Alltag. Die Zahl der alkoholfreien Getränke, die man innerhalb einer Woche verkauft, kann man wirklich an zwei Händen abzählen – bei allem anderen könnte das schon schwieriger werden. Sich selbst diesem Alkoholkonsum zu entziehen ist dabei enorm schwierig, da man ständig gefragt wird, ob man nicht auch einen Drink haben möchte. Beantwortet man diese Frage mit „nein“ wird erst mal zutiefst entsetzt weitergebohrt, ob man denn keinen Alkohol trinke und warum nicht und ob Deutsche im Allgemeinen wenig trinken… Hat man den Fragenkatalog abgearbeitet, wird im fünf Minuten Takt nachgehakt, ob man vielleicht jetzt etwas trinken möchte.
Neben diesem Hang zum Alkohol gibt es einige typische Dinge, die nicht unerwähnt bleiben dürfen. Willst du ein echter Northamptener sein beachte, dass du zu jeder Gelegenheit laut rülpst, auch bei schlechtem Wetter barfuß läufst, den Dreck unter deinen Fingernägeln nicht entfernst und möglichst nie zum Zahnarzt gehst. (An manche Sitten, müssen wir zwei uns eben einfach noch gewöhnen)
Doch zurück zum Alkohol: Interessant wird es auch immer dann, wenn die Leute erst ein paar Stunden im Pub saßen und danach noch im Bottleshop vorfahren, um einen Kasten Bier für zu Hause (oder unterwegs) in den Kofferraum zu laden. Bevorzugt steht dieser spezielle Kasten Bier dann unter gefühlten 10 anderen, die Mary oder wahlweise Anneliese hochhieven und umsortieren dürfen. Im Glücksfall hat der Kunde dann leider nicht genug Geld dabei, so dass man den Kasten geradewegs wieder auf seinen Platz räumen kann. :) Wenn so mancher Kunde zu faul ist, sich aus seinem Auto zu bequemen, haben wir die wunderbare Aufgabe, den Kasten in einen Teil des Autos zu befördern… Schönstes Erlebnis hierbei: Vorne sitzen Mutti und ca. 17 jähriger, übergewichtiger Sohn und Alix darf den Kasten der Oma auf dem Rücksitz (gekleidet in einen pinkfarbenen Bademantel) auf den Schoß setzen.
Neben der Arbeit gibt es hier nicht allzu viel zu tun. Unsere Freizeit verbringen wir also damit durch den Supermarkt zu laufen und zu gucken, was wir gerne kaufen würden, aber es aus Gründen der Sparsamkeit nicht tun. Favorisiert sind daneben ausgedehnte Spaziergänge, Lesen, Zeichnen, Musik hören und Schlafen. Absoluter Anführer der Beschäftigungsliste ist aber definitiv Martins Kuchen, seine Biscuits oder die von ihm im Cafe auf der anderen Straßenseite gekauften Stückchen zu essen.
Hierbei möchten wir darauf hinweisen, dass uns auf unseren kleinen Wanderungen bisher weder Krokodile noch Spinnen noch Schlangen attackiert haben. Viel mehr in Acht nehmen sollte man sich vor der heimischen Vogelwelt. Der Magpie ist dafür bekannt, dass er vor allem zur Brutzeit sehr aggressiv sein Nest verteidigt. Nahezu jeder Australier erfährt mindestens einen Angriff dieser Vögel im Leben. Marie Sophie hat diese Feuertaufe innerhalb von vier Wochen gleich zwei Mal am eigenen Leib erfahren. Das erste Mal konnte sie sich nur sehr knapp durch einen rekordverdächtigen Sprint zum Feuerwehrhaus vor dem schwarzweißgefleckten Monstervogel retten, der im Sturzflug immer wieder auf sie niedergehen wollte. An Alix hatte er kein Interesse, weshalb diese dem Schauspiel sicher und fasziniert beiwohnen konnte. Das zweite Mal hatte Marie Sophie weniger Glück, diesmal allein unterwegs, ließ das Tier erst nach drei Straßen Hakenschlagen von ihr ab und hinterließ eine dicke Beule inklusive Wunde an ihrem Kopf. Doktor Alix musste die völlig erschöpfte Patientin dann erst mal mit einer Sprite wieder auf die Beine kriegen. Aber Hauptsache Neville und Sharonn (seine Frau) waren total begeistert und haben es voller Stolz gleich all ihren Freunden erzählt.
Wenn die Vögel nicht gerade Attacken auf unschuldige Mädchen durchführen, so sind sie doch sehr seltsam, denn sie zwitschern auch nachts – bevorzugt direkt vor unserem Fenster, was einem wirklich den Schlaf rauben kann.
Leider haben wir ja keinen gemeinsamen freien Tag, trotzdem können diese spannend werden, wenn sich jemand erbarmt und uns zu einem Ausflug nach Geraldton oder zum Showtag von Chapman Valley mitnimmt. So konnte Alix nach ihrem ersten Life-Footballspiel am letzten Sonntag sogar endlich verstehen, was die Aussies an dem Spiel so toll finden und wir beide haben unsere Liebe fürs Motorradfahren entdeckt – dank Jim, Nevilles bestem Freund.
Die Möglichkeit zu gemeinsamen Unternehmungen bietet sich dem zur Folge nur abends. Hierbei werden wir nie unsere erste „Party“ hier vergessen. Sechs Leute, Bier und schlechte Musik sorgten für absolute Tiefpunktstimmung, weshalb wir dem Vorschlag an den Strand zu fahren nicht abgeneigt waren. Horrocks Beach stellte dann eindeutig eine Verbesserung der Situation dar. Doch dann wollten Chris und Damo uns ein bisschen Abenteuer bieten. Warum wir einer Tour mit Chris Mörder-Four-Wheel- Drive (neben dem man sich wirklich winzig fühlt) durch den Busch zustimmten, können wir bis heute nicht sagen. Wahrscheinlich lag es einfach daran, dass wir nicht wussten wie KRANK Chris tatsächlich war. Mit dem leicht wahnsinnigen Ausruf „Rabbit, Rabbit, Rabbit!“ begann die Tour und der erste Hase musste dran glauben. Die weiteren zwanzig Minuten hofften wir einfach nur inständig, dass keine weiteren Tiere unseren Weg kreuzen würden. Leider wurden unsere Gebete nur teilweise erhört und das erste wildlebende australische Opossum, das wir erblickten, wurde wahrscheinlich Opfer des Four-Wheel-Drives. Wer Achterbahngeprüft ist und diese ohne Übelkeit übersteht, der darf sich gewiss sein, dass diese Fahrt selbst ihm Magenverdrehungen bereitet hätte. 20 Versuche einen Sandhügel mit Vollgas zu erklimmen und jedes Mal in der gefühlten Senkrechten anzuhalten kann lustig sein, vor allem, wenn man Zeuge unserer Gesichtsausdrücke wird. Dass Chris und Damo Spaß hatten, ist also kein Wunder. Wie wir sicher wieder zu Hause ankamen, wissen wir selbst nicht so genau, das einzige was wir wussten war: dass wir froh waren wieder Boden unter den Füßen zu haben.
Wir erwarten mit Freude den Frühling, denn die Temperaturen lassen noch zu wünschen übrig (bibber). Weiterhin versuchen wir uns weder von den Vögeln, noch von Security, noch von den Einheimischen auffressen zu lassen.
Auf Bald oder auch See ya!

P.S. Schon seit Wochen sehen wir dem nächsten Großereignis dem 93rd Annual Show entgegen an diesem Samstag den 11. September. Die Bewertung des besten Kohlkopfes ist dabei Hauptgrund unserer Vorfreude.


(1) Tooheys Extra Dry
(2) Bundaburg Rum + Coke in Can
(3) Canadian Cllub and Dry




Das wunderschöne Northampton



Alix hinter der Bar



Im Hintergrund Alix´s Zimmer



Die Feuerwehr von Northampton

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Samstag, 21. August 2010
Goodbye Zivilisation!
Nachdem uns der Greyhoundbus (ich hoffe, deine Frage ist beantwortet, David!) gestern direkt vor dem Miners Arms abgesetzt hat, durften wir als erstes feststellen, dass telstra sein Handynetz noch nicht bis nach Northhampton ausgeweitet hat.
Auch Internet gibt es lediglich in einem Shop und fragt ja nicht nach W-Lan. Hier verlässt man sich auf das gute, alte Kabel! Die nächsten 6 Wochen müsst ihr also mit spärlichen Informationen rechnen.
Wir genießen derweil von Martin bekocht zu werden und versuchen nicht von Security, dem Hund (meiner Meinung nach, derzeit die größte Gefahr) gebissen zu werden. ;)
Ab morgen legt Mary los zu arbeiten, Anneliese (wahlweise auch Alex oder Alice - like in wonderland) hat erstmal zwei Tage frei, dann stürzt auch sie sich in die barwork.
Die nächste Zeit werden wir wohl, abgesehen vom Geruch und unserer persönlichen Toilette, in unserer liebevoll als rustikal zu bezeichnenden Unterkunft aushalten.
Bis in ca. 2 Wochen.
Mary und Anneliese



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